Wir (Christian, Timon, Bianca, Helga, Ulrike und Walter) erreichen die Elbe nach ca. 6 Stunden Autofahrt bei der Straßenbrücke bei Řečany nad Labem. Hier hat die Elbe, die im Riesengebirge knapp an der polnischen Grenze auf 1400 m Seehöhe entspringt und nach 1 km als Elbfall 40 m in die Tiefe stürzt, bereits 151 km zurückgelegt und fließt träge als schmaler Fluss an uns vorbei. Vergeblich suchen wir bei der Brücke eine Einsatzstelle, die Elbe führt Niedrigwasser und lässt uns daher keinen komfortablen Einstieg finden. Wir ziehen Google Maps zu Rate – und tatsächlich scheint 1,7 km flussaufwärts eine geeignete Rampe zu sein. Ob wir es auf den Feldwegen bis dorthin schaffen? Christian macht es möglich: er meistert Spitzkehren durch gekonntes Reversieren und navigiert das Gespann sicher durch die Schlaglöcher. Die Rampe passt als Einstiegsstelle optimal, wir beginnen die Boote abzuladen und aufzuriggern. Parallel dazu sind unsere Bahnfahrer (Dodo, Helmut und Boris) in Řečany nad Labem angekommen und machen sich auf den langen Fußmarsch zur Einsatzstelle, der in der Mittagshitze genauso schweißtreibend ist wie das Aufriggern: es hat bei wolkenlosem Himmel 25 Grad – und das Mitte April.
Um ca. 13 Uhr sind 2 Boote mit jeweils Gepäck in der Mitte und 4 besetzten Bootsplätzen auf dem Wasser, und Timon (Christians Sohn) mit Auto und Anhänger auf dem Weg nach Pillnitz – unserem Ziel. Wir genießen die leichte Strömung – es sollte für die nächsten 4 Tage die letzte sein – und den Fahrtwind und erreichen die erste Schleuse kurz nach 14:30. Leider hat die Schleuse vor wenigen Minuten gesperrt und wir stehen vor verschlossenen Schleusentoren. Noch viel schlimmer ist die Nachricht, die uns Bianca, die in perfektem Tschechisch mit den Schleusenwärtern telefoniert, überbringt: auch die nächsten Schleusen schließen schon um 15 Uhr, und nicht erst laut Internetauskunft um 18 Uhr. Internet und KI wissen offensichtlich doch nicht alles. Als geübte Wanderruderer erkunden wir das Unterwasser und finden eine Stelle zum schrägen Einsetzen der Boote. Nun beginnt die Schlepperei: zuerst das Gepäck, dann die Skulls und zuletzt die Boote aus dem Wasser, dann ca. 300m Tragen über Land und in umgekehrter Reihenfolge ins Unterwasser. Das Ganze wiederholt sich bei der 2. Schleuse, wir sind schon etwas routinierter, aber von der Hitze erschöpft. Dann die 3 Schleuse: wir landen an der Schleuseninsel mit gutem Ausstieg und stellen fest, dass wir gefangen sind: der Weg ins Unterwasser ist durch Zäune versperrt, ebenso die Tore in die Stadt Kolin. Wir gehen wieder aufs Wasser und legen am gegenüberliegenden Ufer an und heben die Boote heraus. Nach 10 Minuten Fußmarsch erreichen wir den Bahnhof, die tschechische Bahn bringt uns in wenigen Minuten nach Poděbrady, wo wir unser 1. Quartier haben. Im vorreservierten Restaurant genießen wir tschechische Hausmannskost und spülen mit gutem tschechischen Pils die Anstrengung des ersten Rudertages hinweg.
Am nächsten Tag gehen wir nach Taxifahrt zu den Booten so schnell wie möglich aufs Wasser. Wir wollen die 2 versäumten Schleusen aufholen. Die Schleusungen klappen heute wie am Schnürchen: Bianca telefoniert immer vorab und kündigt uns an, wir fahren in die offene Schleuse ein, sofort gehen die Tore zu und nach ca. 10 Minuten ist der Schleusenhub (im Durchschnitt 3-4 m) abgesenkt und wir können ausfahren. Wir passieren auch die Schleuse Poděbrady, von wo wir gestern nur 5 Minuten ins Quartier gebraucht hätten und machen hier Mittagspause beim Schloss. Christian nutzt die Zeit und lässt den Reifen des Gepäckwagens reparieren, sodass der Gepäcktransport in den nächsten Tagen fast komfortabel wird. Wir haben an diesem Tag schon 7 Schleusen geschafft und sind geradezu euphorisch, heute unser Tagesziel zu erreichen. Doch der Schleusenwärter der 8. Schleuse macht uns einen Strich durch die Rechnung. 5 Minuten vor 15 Uhr gibt es keine Schleusung mehr, da um 15 Uhr die Schleusung abgeschlossen sein muss – Vorschrift ist Vorschrift. Also wieder Übertragen, wir sind ja schon geübt. Daraus wird aber nichts, Zäune versperren uns wieder den Weg. Christian und Bianca telefonieren stundenlang mit Hotel und Taxiunternehmen der umliegenden Dörfer, bis endlich um 19 Uhr ein Taxi reserviert werden kann, das uns im nächsten Dorf nach halbstündigem Fußmarsch abholt. Ein paar von uns bekommen noch ein Abendessen beim Asiaten nebenan, der Rest versorgt sich mit den eigenen Vorräten.
Am 3. Rudertag gelingt es uns den Wanderfahrtplan aufzuholen, wir schaffen 6 Schleusen in bewährter Manier, passieren die Moldaumündung und den Ruderklub Mělník und legen kurz danach an einer Rampe am Ende der Stadtmauer an. Wir erklimmen die letzten Höhenmeter zum Quartier und können noch bei prächtigem Wetter Eis, Bier und Aperol in der Sonne genießen.
Der 4. Rudertag verläuft ohne Aufregung: 4 Schleusen, Mittagspause an einer Schotterbank und im Schatten von Bäumen, Anlegen in einer kleinen Bucht in der Stadt Litoměřice, Stadtspaziergang mit Eis und Abendessen im Freien.
Am nächsten Morgen gibt es zusätzliches Neuwasser: wir befahren die Eger ca. 2,7 km bis zum ersten Wehr. Doch dann ist Schluss mit Lustig: bei der Mündung in die Elbe beginnt es zu regnen. Regen und Wind begleiten uns während des ganzen Tages auf der mit 52 km 2. längsten Etappe. Ab der letzten Schleuse unter der Ruine Schreckenstein strömt die Elbe endlich wieder mit ca. 5 km/h, ein Highlight des Tages. Schlussendlich kommen wir in Děčín durchnässt im Hotel an. Das Abendessen in der tschechischen Kneipe 50 m neben dem Hotel ist ein weiterer Lichtblick.
Am letzten Rudertag starten wir mit guter Strömung und angenehm kühlem Ruderwetter. Es geht vorbei an der tschechisch-deutschen Grenze, wo die neue Kilometrierung beginnt, an den Felsen der sächsischen Schweiz, Gierfähren und Schaufelraddampfer. Wie geplant treffen wir um ca. 13:30 bei der Fähre Pillnitz ein. Hinter uns liegen 266 Ruderkilometer auf Elbe und Eger, abenteuerliche Übertragungen von Schleusen, Bahn- und Taxitransfers, schöne tschechische Kleinstädte und Schlösser. Mit dem schönen Gefühl in 6 Tagen eine abwechslungsreiche und hervorragend organisierte Wanderfahrt erlebt zu haben, geht es am Nachmittag heimwärts nach Regensburg.





Bericht: Ulrike und Walter
Fotos: Boris, Dodo, Ulrike, Walter