Wanderfahrt von Klosterneuburg nach Budapest(19. – 27. August 2023)

Die heißesten Tage des Jahres sind in Ungarn noch ein bisschen heißer. Uns erwartet eine regenfreie Ruderwoche mit 33 bis 36 Grad im Schatten.

Die erste Etappe ist lang, aber gemütlich: Durch den Donaukanal sind wir in Null Komma Nichts bei der traditionellen Mittagspause in Orth an der Donau. Bis Hainburg und Bratislava, wo wir in die Mosoni Duna übersetzen, strömt es munter weiter.

Michi sitzt wie ein Nationalparkranger mit beigem Tropenhut am Steuer und führt uns mit sicherer Hand durch die Mosoni Duna. Dieser eilt ein böser Ruf voraus: quer liegende Bäume und Strömungen, die bereits das eine oder andere Ruderboot zum Kentern gebracht haben. Aber sie zeigt sich von ihrer besten Seite und fließt still und ungefährlich dahin. Was die Mosoni Duna nicht schafft, erledigt dann Christian. Die Scham ist groß und die Erzählung lückenhaft. Fakt ist, dass neben seinem Ruderplatz plötzlich ein Riesenloch klafft und die alte Munin droht abzusaufen. Mit den letzten Ruderschlägen wird sie an Land gerettet, was bei der Uferstruktur gar nicht so einfach ist, verklebt und wieder zu Wasser gelassen. Das kann der Christian! Ich meine nicht zerstören, sondern 1A reparieren. Die Munin wird es sicher bis Budapest schaffen!

Ein kleines Hindernis beschert uns die Mosoni Duna dann doch: eine Wehr, das weder davor noch danach einen guten Anlandeplatz hat. Durch Schlamm am Ufer, steile Böschungen und Brennnesselfelder schleppen wir die drei C-Vierer um die Wehr herum zurück ins Wasser. Weder Mensch noch Material kommen zu Schaden und wir werden mit hübschen Badeplätzen belohnt. Die Anzahl der Badepausen steigt mit den Temperaturen. Die höchste gemessene Tagestemperatur lag bei 42°C – ein Rudertraum. Wolfgang sitzt wie der Badewaschl mit nassem Handtuch im Nacken am Steuer und bewahrt den Überblick. Von nackten Oberkörpern bis Langarm-T-Shirts wird der beste Kleidungsstil für dieses Wetter gesucht. Die Ruderarme strahlen folglich in allen Farbschattierungen, nur die Hintern sind ganz weiß. Ganz weiß? Nein! Eine von unbeugsamen Rollsitzen verursachte roten Druckstelle leuchtet bei jedem Sprung ins Wasser. Da hilft auch der von den deutschen Ruderkameraden aus Rastatt zu später Stunde aufgetischte 40%ige Rollsitzenthärter nichts. Der verfluchte Sitz ist einfach brettelhart. Es ist erstaunlich, dass der Rudersitz seit der römischen Galeere keine wesentliche Entwicklung erfahren hat. Christian schlägt geschäumte Sitze vor, die an den jeweiligen Hintern angepasst werden. Klingt nach einem Weltpatent.

Zurück zur Fahrt: Nach Györ stehen wir trotz fixer Schleusenzeiten eine Stunde vor verschlossenen Toren, bevor wir die Mosoni Duna verlassen und wieder in die Donau einrudern. Links Ungarn, rechts die Slowakei oder umgekehrt, je nachdem, wo man sitzt. Die Donau ist so breit, wie sich das ein Wiener kaum vorstellen kann. Je breiter aber desto weniger Strömung. Die gemütlichen Zeiten sind vorbei.

Jetzt heißt es Druck auf die Blätter bringen. Erichs strenge Donnerstimme bringt die Mannschaft zum Erzittern und wieder in Takt, wenn sich eine Nachlässigkeit einschleicht. Sir, yes, Sir! Und Weiterrudern!

So gleichförmig der Auwald im Gesamten auch wirkt, so variantenreich ist er im Detail. Hier sieht er aus wie eine tropische Insel, an der auch Columbus gerne gelandet wäre, da ist der Kiesstrand fast weiß und das Wasser kristallklar, dass jeder Bergsee erblasst. Und dann erscheint am Horizont die Basilika von Esztergom, die auf einem Hügel über den Ufern der Donau thront, würdevoll, wie es sich für eine ehemalige Hauptstadt gehört.

Die letzte Etappe mit 64 km steht an. Wir haben uns zwar erfrischenden Wind gewünscht, aber eigentlich aus der anderen Richtung. Dazu gibt es Wellen, samstägliche Motorbootausflügler, Fähren, Kreuzfahrtschiffe und Lastkähne. Drei Schläge – Welle – platt – repeat. So arbeiten wir uns mühsam durch den Szentendre Kanal und landen nach 344 km im Budapester Ruderclub.

Unser Marathon ist zu Ende, der der Leichtathletik-WM 2023 in Budapest geht morgen über die Bühne. Da werden wir gemütlich beim Frühstück sitzen und ausruhen.

Isabella, 27.08.2023
Fotos: Isabella, Gerhard, Gabi, Ulrike, Isolde, Christian, Walter