Die heurige Rudersaison hat eigentlich gar nicht begonnen. Bevor wir das herrliche Frühlingswetter auch am Wasser so richtig genießen konnten, war die erste Hälfte auch schon wieder vorbei. Keine Sternfahrten möglich; wie durch ein Wunder und dank vorausschauender Planung von Walter Widholm ging sich gerade eine für die Teilnehmer sicher unvergessliche Fahrt auf Saar und Mosel aus; schon vereinbarte Touren in der Schweiz, in Frankreich und Portugal mussten abgesagt werden. Was blieb, waren Erinnerungen an vergangene Wanderfahrten und Gedanken über Eindrücke und Gefühle beim Thema Wanderrudern.
Dazu passt wie bestellt ein Text, den ich vor einiger Zeit aus dem Archiv von Dieter Felsinger erhalten habe. Es ist ein Ausschnitt aus einem Bericht über eine Wanderfahrt am französischen Abschnitt der Mosel von Epinal nach Trier, erschienen in der FAZ am 12. September 2013, „“vorwärts fahren, rückwärts schauen“ von Peter Sandmeyer (er ist Journalist und Mitglied eines traditionsreichen Hamburger Ruderclubs an der Alster in Hamburg).
„Rudern ist Lebenskunst. Von außen betrachtet, könnte die stundenlange, nur von kurzen Pausen unterbrochene Spazierfahrt auf Flüssen und Kanälen ereignisarm wirken. Doch die innere Wahrnehmung ist eine andere. …
… Rudern ist eine eigenartige Art der menschlichen Fortbewegung, doch vielleicht die philosophischste unter ihnen. Der Ruderer fährt vorwärts, blickt dabei aber immer zurück. Alles, was er sieht, ist schon vergangen, liegt hinter ihm und dem Boot, auf dem er fährt – die schöne Frau, die schöne Anlegestelle, das schönste Fotomotiv. Der Ruderer durchfährt eine Gegenwart, die er stets schon verlassen hat. Seinen Weg säumen tempi passati verstrichene Gelegenheiten, verpasste Chancen. Das prägt seine Wahrnehmung der Welt und sein Verhältnis zu ihr. Rudern verhilft zu Kontemplation und einer Haltung gelassenen Loslassens. Es ist, sagen Kenner, die preußische Art der Meditation. Der amerikanische Soziologe und Autor Craig Lambert nennt es ´eine Lebenskunst´“. …
Bei der Lektüre dieser Betrachtungen stellte ich mir die Frage, ob es im kommenden Jahr eine Fortsetzung der Wanderruderei wie vor 2020 möglich sein wird. Ziele gäbe es ja noch viele. Wenigstens einige von ihnen doch zu erreichen, das hoffe ich und freue mich darauf.
Fritz Stowasser