Wir haben die Donau befahren, die deutschen Flüsse, die polnischen Seen. Heuer lockt uns der Douro in Portugal.
Schon bei der individuellen Anreise zu unserem Ausgangspunkt in Barca d’Alva an der Spanisch-Portugiesischen Grenze präsentiert sich Nordportugal von seiner schönsten Seite. Die Autostraßen sind eng, kurvig und bergig, die Bahn fährt parallel zum Douro und enthüllt auf der Hinfahrt, was uns erwartet.
Das 5-köpfige Team von Ginásio Portugal Rowing Tour, das uns 15 Normannen und fünf befreundete Gäste aus Berlin, Klagenfurt, Rastatt und Wallsee betreut und begleitet, ist eine idealistische Truppe. Sie nehmen Urlaub von ihren Brotjobs, um mit uns eine Woche unterwegs zu sein. Der Reinerlös der Tour kommt ihrem Ruderclub in Figueira da Foz zugute. Hut ab! Es ist heuer ihre siebente Tour.
Sonntag Früh, herrliches Wetter: Der Alto Douro – mehr See als Fluss – schlängelt sich ruhig und breit zwischen trockenen Ufern, die an die Crete der Toscana erinnern. Wir stromverwöhnten Normannen müssen die 45-Tageskilometer ausschließlich mit eigenem Schub rudern – auf Strömung hoffen wir vergeblich. Badepausen gibt es nicht, der Wasserstand ist hoch und die Ufer unzugänglich.
Hannes S. betätigt sich als Reiseführer und kennt Tiefen und Untiefen, Breite, Länge, Fallhöhe aller Schleusen.
Auf der rund 200 km langen Strecke erwarten uns fünf Staustufen. Die tiefste – Carrapatelo – hat eine Fallhöhe von 35 Metern. Bei jeder einzelnen scheinen wir in eine andere Vegetationszone abzusinken.
Das Schleusentor von Pocinho öffnet sich – die Sonne blinzelt herein und lässt uns fast einen göttlichen Moment erleben. Das Himmelstor zum Paradies für Weinliebhaber tut sich auf. An den Hängen reihen sich bekannte und unbekannte Weingüter aneinander, nur von Olivenhainen als Grenze zwischen den Gütern getrennt. Klingende Namen wie Graham’s, Taylor‘s, Sandeman und Ferreira prangen in großen Lettern in den steilen Weingärten.
Es ist Herbst und Lesezeit. Da und dort treffen wir Weinbauern, die im Douro die Leseutensilien säubern. Ihr Jahrwerk ist getan, die Ernte eingebracht. Auf den Quintas stampfen nun die Männer der Region die handgelesenen Trauben in 14° Grad kalten Becken stundenlang zu Most.
Wir verkosten Portwein, der seit Jahrzehnten im Keller gereift ist. Portweinproduktion ist ein Generationenprojekt.
Hinter dem Schleusentor von Régua wird der Blick freigegeben auf eine neue Welt. Riesige Felsen, dichter Bewuchs, kein Wein mehr. Das Tal wird eng, dunkel und feucht. Statt der Paläste der Weingüter stehen herrenlose Häuser ohne Dach und Fenster an den unwegsamen Ufern. Graue Wolken hängen tief in den Bergen – Amazonas und Waldviertel.
Es ist der erste Regentag der Tour. Der rote
Baldachin, unter dem uns täglich das Picknick kredenzt wird, wird vom Sonnen- zum Regenschutz. In den Regenpausen rudern wir weiter.
Moni schlägt uns in die Poleposition und gibt die Führung nicht mehr ab. Eine Wanderfahrt ist zwar kein Wettrennen, aber ein bisschen Konkurrenz belebt den gemäßigten Wanderschlag und weckt die Mannschaft wieder auf. Leider ist Moni die Frau von Hauptrivalen Hannes S. und verstärkt damit meistens sein Team und verweist die anderen Boote auf die Plätze. Kein Wunder – Christian geht mit seiner Statistik – Thanks for Sharing! – diesem Phänomen auf den Grund: unsere Rudertruppe ist in Summe 1283 Jahre alt. Da kommt ein Vierer mit Steuermann schon mal auf 339 Jahre, auch wenn das jüngste Mitglied im Boot sitzt! Wie ein guter Vintage Portwein reift der Ruderer mit den Jahren.
Wir nähern uns dem Ziel – Porto. An den Hängen sind die Spuren der Brände, die vor zwei Wochen hier gewütet haben, zu erkennen: Verkohlte Baumstämme, schwarze Erde, totes Laub. Der Regen der letzten Tage hat dem Feuer endgültig den Gar ausgemacht.
Der Schiffsverkehr nimmt mit der Nähe zu Porto zu. Valdemar ist nicht nur unser kundiger, lokaler Begleiter auf dem Wasser und checkt die Verkehrslage vor und hinter uns. Die Prinzessinnen im Team nimmt er Huckepack, damit sie sich ihre Füßchen nicht nass machen müssen. Alle anderen werden über rutschfeste grüne – nein, nicht rote – Teppiche an Land geleitet. Boote tragen, Boote putzen, Boote transportieren – müssen wir alles nicht machen. Wir werden rundum serviciert. Daran könnten wir uns gewöhnen!
Auf den erfolgreichen Abschluss der Tour und das Grande Final – die Ehrenrunde unter der Ponte Dom Luis I. – stoßen wir mit einem Portotonic an. Gin war gestern!