Vogalonga in Venedig, Normannen erobern des Süden

Im Vorjahr waren es 6.000 Ruderer und Paddler aus ganz Europa in insgesamt 1.650 Booten, die mehr oder weniger ehrgeizig auf einem 30 km langen Rundkurs Venedigs Lagunen und seine kleinen Inseln entdecken. Oder rasant daran vorbeiziehen und als viertes Boot durchs Ziel gehen, wie unser Normannen-Sechser „Wotan“ mit Fritz KUTMON der vom Bug aus mit dem Fuß steuert, Renate PODESSER, Willi STUPPAN, Gerold PRIPFL, Erich GEISER und dem Schlagmann Erich KOLETNIK. Ein Auszug aus dem Reisetagebuch von Renate…

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Donnerstag, 24. Mai: Die Anreise fällt trotz Tempolimit für den Bootstransport – 80 km/h – kurzweiliger aus als erwartet. Von der Zwischenstation am Wörthersee sind es noch etwa 260 Kilometer, die Fritz und ich im Vereinsbus bequem zurücklegen. Die Carabinieri lassen uns anstandslos passieren, unsere Befürchtungen wegen einer eventuellen Überlänge scheinen sich nicht zu bewahrheiten. Auf der Passage mit der Fähre zum Lido di Venezia entlang des Canale Grande zücken wir erstmals unsere Kameras, um die beeindruckenden Motive festzuhalten. Am Lido, auf dem Vereinsgelände der „Canottieri Diadora“, finden wir einen adäquaten Platz für unser Boot – gegen ein stattliches Entgelt. Walter, nach eigener Aussage ein „Veneziano pure sangue“ trotz deutschen Vornamens, ist dort unser Kontaktmann.

Freitag, 25. Mai: Treffpunkt 06:15, wir wollen die wind- und wellenarmen Morgenstunden für eine Ausfahrt nützen. Das Steuern in den Fahrrinnen, markiert durch die so genannten Dalben, erfordert große Aufmerksamkeit. Zeitweise orte ich sogar vier (!) Steuerleute im Boot, trotzdem sind alle dankbar, dass Fritz den Bugplatz einnimmt. Nach dem etwas phantasielosen italienischen Frühstück steuern wir Venedig an, um unser Startnummernpaket abzuholen. Ein langwieriges Unterfangen, denn aus unerfindlichem Grund taucht unsere Startnummer 1340 erst nach einiger Wartezeit auf – wir nützen die Gelegenheit, die entschleunigte italienische Lebensart näher zu betrachten.

Samstag, 26. Mai: Fritz geht shoppen und sorgt beim Baustoff-Tandler auf dem Lido für einen Rekordumsatz. Die etwa 20 cm breiten Kunststoffbahnen befestigen wir an den Auslegern, den Bugplatz schützen wir zusätzlich mit einem Wellenbrecher aus Plexiglas. Aus Schaumstoff schneiden wir Blöcke, die wir in Folie wickeln und als Auftriebskörper unter den Ruderplätzen verstauen. Nach vier Stunden sind wir fertig und stolz auf unser gemeinsames Werk. Am Nachmittag nützen wir unsere Vaporetto-Dauerkarte weidlich aus und besuchen die Inseln Murano und Burano. Inge Koletnik weiß viel über Venedig und die Inseln zu berichten – geschichtlich Fundiertes ebenso wie Sagenhaftes.

Sonntag, 27. Mai: Um 9 Uhr fällt der Kanonenschuss vor dem Markusplatz als Startsignal für die Vogalonga (in der Übersetzung: das lange Ruder). Wir starten am Lido um 07.30 Uhr, genügend Zeit für die Überfahrt also und um das bunte Bild der Teilnehmer zu betrachten. Da gibt es Ruderboote vom Einer bis zum Achter (unser Sechser ist ein Unikat), Kanus, Kajaks, Drachenboote und Renngondeln. Nur mit Muskelkraft betriebenen Booten ist die Teilnahme gestattet. Venedig und die Umgebung ist für andere Schiffe gesperrt, unser Fanclub mit Inge Stuppan, Inge Koletnik, Gerti Pripfl und Grit Geiser hat Mühe, die Stadt zeitgerecht zu erreichen. Wir nehmen teil an der 38. Auflage dieser Veranstaltung, die durch den Protest einer Gruppe Venezianer gegen die vielen Motorboote entstand, denn sie erzeugen jene Wellen, die sowohl der Stadt als auch den Lagunen zerstörerisch zusetzen.

9 Uhr, die Kanone donnert und der Pulk setzt sich in Bewegung. Über den Canal di San Marco geht es vorbei an den Inseln Vignole und Sant’ Erasmo. Fritz steuert das Boot souverän über den kurvigen Kurs, durch enge Passagen vorbei an anderen Booten und uns bleibt der Genuss einer rauschenden Fahrt. An der Insel Burano heißt es hart Steuerbord auf und wir rudern nach einiger Zeit durch die Lagune in den Kanal der Glasbläserinsel Murano. Chorgesang empfängt uns dort. Über den Canale Grande und unter der mächtigen Rialto-Brücke hindurch geht es zurück zum Markusplatz. Die Fahrt durch Venedig ist beeindruckend, überall stehen und sitzen Menschen, die uns applaudieren und zurufen: Bravi, bravi. Wir bedanken uns mit „Austria saluta Italia“ und die Männer im Boot setzen ein dreifaches „hipp hipp hurra“ nach. Wir erreichen das Ziel als vierte Mannschaft, jeder Einzelne von uns wird namentlich genannt und wie schon einige Male zuvor amüsieren wir uns köstlich über den, so scheint es, für italienische Zungen schwierigen Nachnamen unseres Gerold – Prip, Prip, Prip – fl.

Wir benötigen für die Strecke exakt 2 Stunden 2 Minuten – zwei kurze Stopps zum Trinken bzw. für das Gegenteil eingerechnet. Den erleichterten Bemerkungen der Herren kann ich verständlicherweise nicht viel abgewinnen.

Montag, 28. Mai: Erich Koletnik und seine Inge müssen zurück, uns bleibt noch ein Tag, den wir am menschenleeren Strand und mit einem letzten Ausflug nach Venedig verbringen. Es sind harmonische, sehr freundschaftliche Tage, die zu Ende gehen, geprägt von interessanten, herzlichen Gesprächen und gemeinsamen Erlebnissen. Und es keimt schon die Hoffnung auf eine Wiederholung. Bis dahin: Viva Italia, viva Venezia, vivano i rematori di Normannen Klosterneuburg.

Samstag, 02. Juni 2012 um 17:03